Das Leben vereinfachen
Was mich im Moment bewegt, ist der Wunsch, das Leben wieder zu vereinfachen. Vom globalen Blick, der nie wirklich der Realität entsprechen kann, vermehrt in eine Überschaubarkeit im eigenen Leben, in der eigenen Umgebung, zu finden.
Es laugt uns aus und macht ohnmächtig und überfordert saumässig, so einer Überflutung an Informationen und Reizen ausgesetzt zu sein, wie die meisten von uns in diesen Zeiten sind, auch schon die Kinder.
Das Bedürfnis ist gross, wieder ganz entschlossen ins reale Leben zurück zu finden. Was fühlt sich hier stimmig und authentisch an? Was kann ich ändern? Wo will ich mitwirken, mit dem, was ich an Ressourcen zu geben habe? Wo braucht es eine Anpassung, eine neue Weichenstellung, vielleicht eine kleinere oder grössere Entscheidung und die darauf folgenden notwenigen Schritte.
Was darf, soll, muss ich gehenlassen, freigeben, verabschieden, weglassen, zulassen, auf was mich einlassen, um mir treu zu sein?
Wenn wir uns aus der Dauerüberflutung von Informationen, die ja alle auf mehreren Ebenen verdaut und verstoffwechselt werden müssen, etwas zurücknehmen, wird das eigene Wirkungsfeld, wie auch das Gefühl, für das, was wesentlich ist, schnell wieder überschaubarer und klarer. Dies ist für mich ein gangbarer Weg in dieser Zeit von grosser Überladung, von Chaotischem, von Manipulierendem und von vielen Ängsten, die nicht alle unsere sein müssen.
Das Gefühl, uns mit allem befassen zu müssen, was uns gezeigt wird, bringt unser Nervensystem zum Überhitzen und macht es uns schwer, in Fluss, zentriert, und fokussiert zu bleiben. Es zieht uns den Stecker.
Das reale Leben findet IM Leben statt. Mittendrin. Genau dort, wo wir uns befinden, wo wir herausgefordert sind, wo es wunderbar ist, wo es weh tut, wo es langweilt, wo es nach Frieden ruft. Dort, wo wir mit allen Sinnen geniessen, erfahren, erfühlen, durchleben können.
Hier wirklich anzukommen, ist wichtig. Denn hier sind wir nicht ohnmächtig, hier können wir mitschöpfen, wie wir leben möchten. Wir können unser Befinden und die Atmosphäre mitkreieren, wie wir miteinander umgehen und für was wir jeden Tag aufstehen und den neuen Tag willkommen heissen.
Mit der Erde atmen
Im Garten finde ich, was mir derzeit so guttut. Die Ruhe, das Zusammenarbeiten mit der Natur, mit den Elementen, die echter und kraftbringender nicht sein könnten, das reale, anfassbare Leben.
Hier geht es um das Eingebundensein in Kreisläufe, in Jahreszeiten, innere und äussere, um das Zusammenwirken mit der Natur, dem Klima, den Bedingungen. Um das Atmen mit der Erde.
Dieses Jahr hat es viel Geduld, Zeit und Zuwendung gebraucht, um die Bedingungen zu unterstützen, dass das Gemüse wachsen konnte. Da waren so viele Schnecken, Mäuse und Rehe, die mitgegessen haben. Viele Setzlinge schafften es nicht, das frühe Stadium zu überleben. Doch weisst du, die Freude bei jeder Rande, die ich aus der Erde ziehe und sie erdfrisch für uns auf den Tisch bringen kann, ist gross.
Und die Zeit, die ich im Garten verbracht habe, hat mich beschenkt mit Zufriedenheit, mit Stille, mit ganz bei mir sein und mit viel Magischem. So ist es einfach ein Genuss, wenn ich so eine Wunderknolle ernten kann. Sie ist für mich der Inbegriff für die Erfahrung, dass ich Teil der Natur bin und die Natur Teil von mir ist.
Lieber Herzmensch,
Unser LEBEN ist real. Mögen wir vermehrt wieder diese tiefen Berührungspunkte finden, Orte der Geborgenheit, Menschen, mit denen wir uns gut, genug und richtig fühlen, aufgehoben, gesehen und wertgeschätzt. Wo Austausch, Nähe und Mitgefühl stattfinden. Wenn du dich danach sehnst, dann bist vielleicht DU es, die dafür ein Feld eröffnet, oder der einen Acker bereitstellt und den Anfang macht und andere Menschen dazu einlädt.
Ich glaube, wir dürfen wieder berührbarer werden, es nicht als selbstverständlich sehen, dass da ein Partner, eine Partnerin in unserem Leben ist, dass Kinder da sind, Familie, Freunde, Nachbarn, dass wir umgeben sind von Menschen, die, wie wir, mutig durch dieses Leben gehen, mit allem, was es zu meistern gilt. Die Menschen um uns wieder mit bewussten Augen zu sehen, mit staunenden Augen, kann grosse Türen öffnen.
Wir teilen das Leben, wir teilen das, was uns berührt und begeistert, was uns herausfordert und schmerzt. Dies anzuerkennen und füreinander da zu sein, das ist wahres, reales Leben. Hier die Aufmerksamkeit, die Liebe und die Achtsamkeit hinzubringen, ist so wertvoll. Vielleicht wieder mit etwas mehr Dankbarkeit und Wertschätzung.
In dieser unruhigen Zeit wünsche ich uns einen sonnigen Herbst und ein grosses, weites Herz, für all die Prozesse, die in uns und um uns geschehen. Es sind für mich tiefste Heilungsprozesse, die sich in einer hohen Intensität anbieten, im Kleinen, wie im Grossen.
In einem achtsamen Miteinander schaffen wir das.
Von Herzen und mit ganz viel Dankbarkeit für so viel Wunderbares,
Gabriela
© Gabriela Grob-Wespi
© Gabriela Grob-Wespi