Wurzelkraft
Das Wesen der Systemischen Familien- und Aufstellungsarbeit habe ich viele Jahre erforscht. Dabei habe ich die klassische Art, geprägt durch Bert Hellinger, kennengelernt, wie auch kinesiologische und andere kreative Methoden, mit dem wissenden Feld zu arbeiten.
Während fünf Jahren Kraftarbeit in der Natur, durfte ich tiefgreifend von einer alten Apfelbaumgruppe lernen. Inmitten von diesem heilen, natürlichen Baumfamiliensystem konnte ich vieles erfühlen, beobachten, verinnerlichen und in mein Leben übertragen. Ich durfte so viel erkennen über mich, über meine Annahmen und Glaubenssätze, über meinen Schmerz und meine Muster und über die heilsame Ordnung, wenn sie fühlbar wird. Und ganz besonders über die Liebe, die unterirdisch durch die Wurzelwerke fliesst.
Dieser wunderbaren Möglichkeit, zu Antworten und Erkenntnissen zu kommen, gebe ich gerne Raum, wenn es in Sitzungen und besonders in der Biographiearbeit darum geht, zu schauen, wo ungesunde Muster, Identifikationen mit Rollenbildern und tiefe Verletzungen verhindern, ganz auf den eigenen Weg zu kommen und Eigenverantwortung zu übernehmen.
In den letzten Jahren bin ich in eine reduzierte, schlichte, jedoch für mich essenzielle Herangehensweise hineingewachsen, mit dem Familiensystem zu arbeiten. Dabei stehen nicht die belastenden Geschichten und die Beteiligten im Vordergrund, sondern die Überprüfung, ob der Klient auf seinem persönlichen Platz in seinem Familiensystem steht, im Bewusstsein, dass dieser ihm bedingungslos zusteht.
Für viele Menschen, die sich fehl am Platz, fremd, zu viel, zu wenig, immer überlastet, nicht willkommen fühlen, Menschen, die das Gefühl haben, sehr viel leisten zu müssen, um eine Zugehörigkeit zu verdienen usw., kann es bereits eine grosse Erleichterung sein, wahrzunehmen und zu erkennen, dass sie sich diesen eigenen Platz weder erarbeiten noch erkämpfen müssen, sondern ihn einfach selbstverständlich einnehmen und ausfüllen dürfen. Diese Erkenntnis kann eine innere Ordnung schaffen und zu grosser Entspannung und Klarheit führen.
Das zweite, das sich mir als wesentlich gezeigt hat, ist, mit dem inneren Kind, dem jüngeren Anteil in uns, in vertrauensvollem Kontakt zu sein. Oft geht es darum, dem inneren Kind in uns eine Stimme zu geben, zu lernen, ihm achtsam zuzuhören und ganz und gar offen und zugewandt dem gegenüber zu sein, das sich danach sehnt, gesehen, ausgesprochen und in der Tiefe gefühlt zu werden.
Um diese heilsamen Empfindungen einladen zu können, braucht es einen sicheren Raum. Meistens liegt dem Leiden das Gefühl von Getrenntsein zu Grunde. Mit dem Klienten zusammen halte ich Ausschau nach Wiederanbindung, nach dem Verbindenden und nach Halt im Körper. Diese innere Bewegung vermag jene Kräfte freizuschalten, die bis anhin dazu gebraucht wurden, um diesen tief verborgenen Schmerz im Versteck zu halten. Es berührt mich im Innersten, an Momenten teilhaben zu dürfen, in denen diese Kräfte wieder ins Fliessen kommen und ein verwaister Anteil rückverbunden werden kann.
© Gabriela Grob-Wespi
© Gabriela Grob-Wespi